Referenz: ExRotaprint
12. Dezember 2011 von Stefan GrohKommentierenEmpfehlen„ExRotaprint verbindet das Potenzial einer spektakulären Architektur mit den lokalen Bedürfnissen einer sozialen Randlage und lenkt ästhetische Qualität in gesellschaftspolitische Aktivität um“
so die Selbstbeschreibung der Betreiber der ehemaligen Produktionsstätte der Druckmaschinenfabrik Rotaprint im Berliner Stadtteil Wedding.
2005 wurde der Verein der Mieter ExRotaprint e.V. als Initiative der damaligen Mieterschaft gegründet. Erklärtes Ziel des Vereins war es, als Investor „von unten“ das Areal zu kaufen und zu entwickeln. Dies gelingt aufgrund mangelnden Interesses anderer Investoren, „Hartnäckigkeit, Offenheit für Beratung und politischer Unterstützung aus Bezirk und Land“. Projektentscheidend ist schließlich eine Kooperation mit der Stiftung Trias und der Stiftung Edith Maryon, deren Ziel es ist, Bodenspekulation auszuschließen. Dies wird im Fall ExRotaprint mittels eines 99-jährigen Erbbaupachtvertrags ermöglicht.
„ExRotaprint verwirft die Aussicht auf Profit durch Eigentum zugunsten von Stabilität und Teilhabe und balanciert ein heterogenes Gefüge von Interessen aus. Der Profit des Projekts liegt in der Beständigkeit und den Handlungsräumen.“
Das teils unter Denkmalschutz stehende Ensemble wird dezidiert als gemeinsamer Raum für verschiedene Menschen mit verschiedenen Nutzungen ( je ein Drittel Gewerbebetriebe, soziale Einrichtungen und Kreative) verstanden:
„ein Möglichkeitsraum, gemeinnützig und solidarisch, nicht ideologisch aber angewiesen auf Abmachungen und Konsens.“
„Es entsteht ein gesamtgesellschaftliches Bild, das sich gegen die Monokulturen aufgesetzter Renditeträume wendet und stattdessen das Miteinander und den Austausch fördert. Das Neben- und Miteinander ist ein Abbild der Lebensumstände im Wedding und seiner Potenziale. ExRotaprint schafft lokale Angebote für den Bezirk, bietet Möglichkeiten für junge Unternehmen und arbeitet an einem integrierendem Umfeld.“
Ein weiterer nennenswerter Aspekt ist die Rolle von ExRotaprint im Wedding, wobei das Areal bewusst für das Viertel geöffnet wird und viele der Einrichtungen auf die lokalen Bedürfnisse eingeht:
Eine Schule, die von Kurden geleitet wird, unterrichtet Deutsch für Migranten. Ein Beschäftigungsträger arbeitet mit Arbeitslosen und setzt Projekte in der schmalen, nebelhaften Zone zwischen Realwirtschaft und Beschäftigungspolitik um. In der Produktionsschule werden Schulschwänzer an einen geregelten Tagesablauf herangeführt und erhalten die Chance einen Hauptschulabschluss zu erreichen.
Sie sind sich dennoch dem Dilemma in dem sie stecken bewusst, da sie durch ihre Existenz die Umgebung verändern
„ExRotaprint wird von der Immobilienwirtschaft in dieser Rolle (der aktiven Aufwertung) gesehen und als positiver Standortfaktor bei der Vermarktung benannt. Dieser Tatsache kann man nicht entkommen.“
ExRotaprint versucht darauf zu reagieren, indem sie durch ihre Strukturen und Nutzungskonzepte bewusst die vorhandene Umgebung stärken:
„Wir stellen uns die Frage, wie die Prozesse von Verdrängung eingeschränkt und Neues zusammen mit dem Vorhandenem positive Wirkung entfalten kann.“
„Man macht letztlich immer mit bei der Aufwertung eines Viertels – aber dieser Kiez kann das gut gebrauchen!“
Das Projekt ExRotaprint, vorgestellt von Daniela Brahm bei den ersten Wiener ExperimentDays: